NINERS können ALBA-Offensive nicht stoppen
Siegesserie reißt in Berlin
Nach zwölf erfolgreichen Partien hintereinander mussten Sachsens beste Korbjäger am Silvestertag wieder eine Niederlage hinnehmen. Vor fast 10.000 Zuschauern, darunter gut 1.000 mitgereiste Chemnitzer Fans, unterlagen die NINERS in der Mercedes-Benz Arena beim elffachen deutschen Meister und abermaligen Titelaspiranten ALBA Berlin mit 90:101 (45:60). Von Beginn an gelang es der „Orange Army“ nicht, die beste Offensive der BBL im Zaum zu halten, so dass Chemnitz bereits im Auftaktviertel mit 19:34 in Rückstand geriet. Zusätzlich tat sich das Team von Cheftrainer Rodrigo Pastore mit der recht engen Regelauslegung der Schiedsrichter schwer, weshalb am Ende 37 Teamfouls zu Buche standen, fast doppelt so viele wie im bisherigen Saisonschnitt, und dadurch mit Kevin Yebo, Jonas Richter sowie Ousman Krubally gleich alle drei Chemnitzer Center nicht das Ende der Partie erlebten. Gleichwohl stellten die NINERS ihr Herz unter Beweis, steckten trotz zwischenzeitlichem 19-Punkte-Rückstand nie auf, kämpften sich später sogar noch einmal auf sechs Zähler heran, doch die Hypothek der zuvor kassierten Treffer und zahlreichen Fouls war zu groß, um das Gastspiel bei einer der besten Mannschaften Deutschlands noch einmal zu drehen. Dennoch durften die NINERS das Feld erhobenen Hauptes verlassen, verlangten sie den Berlinern doch wirklich alles ab und gingen trotz der knappen Niederlage als Tabellenführer ins neue Jahr, wo man nun am Samstag mit den MHP RIESEN Ludwigsburg dem nächsten Topteam begegnet – diese Mal jedoch in eigener Halle!
Die Chemnitzer Mannschaft hatte sich für das Match in Berlin viel vorgenommen, wollte beweisen, dass man nach Ulm auch dem nächsten Titelkandidaten ernsthaft Paroli bieten kann. Doch Berlin kam ebenso mit dem Messer zwischen den Zähnen aus der Kabine und zeigte bereits zwei Tage zuvor im Euroleague-Spiel gegen Piräus, wo ALBA’s Fokus zum Jahreswechsel lag. Als sich in jener Partie allmählich die Niederlage andeutete, schonten die Hauptstädter ihre Stars, um möglichst frisch in das Duell mit Chemnitz gehen und vor vollem Haus ihren eigenen Fans bestenfalls einen Heimsieg am Silvestertag schenken zu können. Dieser Fokus, gepaart mit der zweifellos vorhandenen spielerischen Qualität des Berliner Kaders und offensichtlich auch einiger Nervosität der NINERS vor deren persönlicher Saisonrekordkulisse, führte zu einem ALBA-Start nach Maß, bei dem Ex-NBA-Star Sterling Brown früh zum 13:6 vollstreckte. Kevin Yebo, Jonas Richter und Jeff Garrett verkürzten dann zwar kurzzeitig auf 11:13, doch angeführt von Kapitän und Weltmeister Johannes Thiemann holte Berlin zum nächsten Schlag aus. In jener Phase erwies sich zudem ALBA’s 2.21-Meter-Riese Khalifa Koumadje als nahezu „unstoppable“, setzte sich immer wieder erfolgreich in Korbnähe durch und trug so maßgeblich dazu bei, dass Berlin bis zur ersten Viertelpause bereits auf 34:19 enteilte.
Die kurze Unterbrechung kam den NINERS wie gerufen, um sich noch einmal neu zu sammeln und vor allem auch einen Plan zu fassen, um der bereits beträchtlichen Foulbelastung entgegenzuwirken. Zu Beginn des zweiten Abschnittes gelang dies ganz gut, so dass Chemnitz auf 24:34 herankam. In der Folge aber konnten sich die NINERS nur schwerlich auf die Schiedsrichterlinie einstellen, so dass Berlin binnen fünfeinhalb Minuten ganze 16 Freiwürfe zugesprochen wurde, was die höchste Führung der Hausherren im gesamten Spielverlauf mindestens begünstigte (56:37). Schließlich wogen nicht nur die kassierten Punkte schwer, sondern vor allem die Vielzahl der Fouls. Denn so war NINERS-Coach Pastore frühzeitig gezwungen, allein mit Blick auf die Foulverteilung zu wechseln, anstatt vermehrt aus spieltaktischer Sicht sinnvolle Lineups wählen zu können. „Wir werden aus dieser Partie viel lernen und gestärkt zurückkommen“, sah der Chemnitzer Cheftrainer aber auch, dass gerade solche Herausforderungen, die einem in Duellen mit den absoluten Topteams der Liga begegnen, hilfreich für die eigene Entwicklung sein können. Eine deutliche Lernkurve zeigte Chemnitz dann bereits schon im weiteren Spielverlauf. Bis zur Halbzeitpause betrieb man ordentliche Schadensbegrenzung (45:60) und nach dem Seitenwechsel blies Chemnitz mit viel Mut und Einsatz zur Aufholjagd. Als schließlich Jonas Richter von der Freiwurflinie zum 63:69-Anschluss traf, hatten die NINERS pausenübergreifend binnen reichlich acht Spielminuten einen 26:13-Lauf hingelegt – auswärts, beim elffachen Meister, vor 10.000 Zuschauern. ALBA-Coach Israel Gonzalez musste zur Auszeit rufen, fand dort aber offenbar die richtigen Worte, denn die Berliner setzten sich in der Folge wieder auf 77:66 ab und konnten sich mit dem Pausenpfiff dann eben auch auf jenes Quäntchen mehr „Schlachtenglück“ verlassen, dass sie schon über die ganze Partie hinweg begleitete und ihnen weiter treu bleiben sollte.
Denn Sterlings Browns spektakulärer Buzzer-Dreier von der Mittellinie war nicht die einzige Spielszene, in denen Fortuna den Hauptstädtern wohlgesonnen war. Abgesehen von manch 50-50-Entscheidung der Refs traf so zum Beispiel ALBA‘s Yanni Wetzell kurz vor der Halbzeitpause nach einer eigentlich bockstarken Verteidigungssequenz der NINERS mit dem Shotclock-Buzzer. Matteo Spagnolo verlor im Schlussviertel den Ball scheinbar schon an Dominic Lockhart, der diesen aber derart unglücklich auf den Boden tippte, dass er von dort in hohem Bogen übers Brett in den Korb fiel. Ebenso entschied sich das orange Leder in mehreren hauchdünnen Reboundsituationen lieber Richtung gelbes ALBA- statt Richtung schwarzes NINERS-Trikot zu springen oder wurden starke Defensivaktionen der Chemnitzer, wie die Blocks von Aher Uguak und Wes Van Beck letztlich doch nicht mit entscheidenden „Stops“ belohnt, weil Berlin noch „im Nachfassen“ scorte. In genau solchen Situationen zeigte sich allerdings auch die ganze Klasse der Berliner Mannschaft, die zugleich hart und smart spielte sowie immer wieder entscheidende Nadelstiche zu setzen vermochte. Außerdem konnte ALBA seine größte Stärke, nämlich die Offensive, viel besser zur Geltung bringen als Chemnitz seine eigene Verteidigung, was sich im Endergebnis von 101:90 am klarsten widerspiegelte. Dieser Partie hatte Berlin seinen Stempel aufgedrückt – dem ersten BBL-Saisondrittel gelang dies aber zweifellos den NINERS, die völlig überraschend wie verdient als Tabellenführer ins neue Jahr rutschen und mit großer Zuversicht die nächsten Aufgaben in der easyCredit Basketball Bundesliga wie auch im FIBA Europe Cup angehen können.