Chemnitz vor Reifeprüfung in Berlin
Spitzenreiter trifft Titelaspirant
Am Silvestertag begegnen sich um 14 Uhr in der bis zu 14.500 Zuschauer fassenden Berliner Mercedes-Benz Arena der aktuelle Bundesligaspitzenreiter und der in Lauerstellung liegende Tabellenvierte. Soweit keine ungewöhnliche Schlagzeile, doch dass nicht etwa der regelmäßige Meisterschaftskandidat ALBA Berlin als Erstplatzierter ins Match gegen die NINERS Chemnitz geht, sondern eben jene nach nunmehr 13 Spieltagen auf dem Platz an der Sonne stehen, schien vor Saisonbeginn noch gänzlich ausgeschlossen. Zwar trauten die meisten Experten den Sachsen durchaus zu, ein Wörtchen um die hinteren Playoffplätze mitsprechen zu können, doch kaum einer hätte erwartet, dass Chemnitz ganze 21 seiner ersten 23 Pflichtspiele gewinnen und dadurch sowohl in der easyCredit Basketball Bundesliga wie auch im FIBA Europe Cup zum bislang erfolgreichsten Team avancieren würde. Gleichwohl fehlte im bisherigen Spielplan der ganz große Prüfstein, doch genau deshalb fiebern die NINERS dem Spitzenspiel in Berlin nur umso mehr entgegen. An jenem Ort, wo Chemnitz in seiner wohlgemerkt noch recht jungen Bundesligahistorie noch nie gegen ALBA gewinnen konnte, will das Team von Cheftrainer Rodrigo Pastore all seine Qualitäten unter Beweis stellen. Zahlreiche NINERS-Fans werden die Mannschaft in der Mercedes-Benz Arena unterstützen. Alle anderen können am Sonntag wieder bei DYN mitfiebern, das die Partie unter www.dyn.sport live und in voller Länge überträgt.
Reichlich Spannung verspricht das Match auf jeden Fall. Schließlich trifft die beste Offensive der Liga auf die stärkste Defensive. Berlin erzielt mit durchschnittlich 93.3 Punkten auf 40 Spielminuten gerechnet die meisten Zähler aller BBL-Clubs, hat mit 52.6 Prozent die beste Feldwurfquote, verteilt nach Ulm (23.1) so viele Assists (22.6) wie kein anderes Team und erreicht in Summe den höchsten Effektivitätswert (111.4). Dagegen erlaubt Chemnitz seinen Kontrahenten pro Partie nur 73.1 Punkte und eine Trefferquote von 42.7 Prozent – beides Bestwert in der BBL. Zudem gelingt es den NINERS als einziger Bundesligamannschaft, bei ihren Gegnern mehr Ballverluste zu forcieren (15.7) als diese an direkten Korbvorlagen erspielen (13.6). Wohlgemerkt erreicht man dies mit lediglich 20.6 Fouls pro Spiel, welche im Schnitt zu 19.8 Freiwürfen führen. Gute Werte, aber Berlin setzt in diesen Bereichen ganz andere Maßstäbe. Durchschnittlich begeht ALBA nur 16.8 Fouls, was den Kontrahenten wiederum lediglich 14.4 Freiwürfe beschert. Zur Wahrheit gehört aber wohl auch, dass Berlin seinerseits mit Chemnitz, München, Würzburg, Hamburg, Bonn und Rostock gegen sechs der aktuell zehn bestplatzierten Teams noch gar nicht in der Bundesliga gespielt hat. So wird das Duell mit den NINERS am Silvestersonntag für die ALBA-Mannen, deren Spielstärke und bisherigen statistischen Errungenschaften ebenso ein echter Prüfstein wie umgedreht vorausgesagt.
Dass Berlin in Bestbesetzung und heimischer Arena der bislang stärkste Chemnitzer Gegner im bisherigen Saisonverlauf ist, steht indes völlig außer Frage. Angeführt wird das Team des spanischen Cheftrainers Israel Gonzalez von Mannschaftskapitän und Weltmeister Johannes Thiemann, der mit durchschnittlich 15.5 Punkten bei starken Trefferquoten sowie 4.8 Rebounds und 2.5 Assists der effektivste deutsche Spieler der gesamten BBL ist (17.8), übrigens hauchdünn vor Kevin Yebo (17.3). Mit Gabriele Procida (9.3 Punkte pro Spiel) und Matteo Spagnolo (8.6) stehen auch noch zwei italienische WM-Teilnehmer im Berliner Kader. Hinzu kommen die NBA-erprobten US-Amerikaner Matt Thomas (14.5) und Sterling Brown (11.9), ihr Landsmann Justin Bean (8.1) und unter den Körben Yanni Wetzell (10.7) sowie Khalifa Koumadje (8.6). Allein Letztgenannter kann mit seiner beeindruckenden Körpergröße von 2.21 Meter ein ganzes Spiel verändern. Hinter ihm lauert mit 2.13-Meter-Mann Kresimir Nikic (4.0) noch ein weiterer baumlanger Hüne, während Louis Olinde (8.4), Tim Schneider (7.8), Malte Delow (5.6) und Jonas Mattisseck (5.1) alle auch schon einmal das Trikot der deutschen Nationalmannschaft trugen. Mit dem slowenischen Pointguard-Talent Ziga Samar (2.3), der letzte Saison noch an Hamburg verliehen war, kann Coach Gonzalez auf einen Kader aus 14 meist schon gestandenen Vollprofis zurückgreifen, was angesichts der hohen Spielbelastung aber auch notwendig ist. Schließlich hat Berlin bis zum jetzigen Zeitpunkt in Bundesliga, Pokal und Euroleague bereits 28 Pflichtspiele absolviert, bestreitet nur zwei Tage vor dem Duell mit Chemnitz gegen Olympiakos Piräus seine 29. Partie und am Ende der regulären Saison, noch vor Beginn der BBL-Playoffs, werden es mindestens 71 Begegnungen binnen weniger als acht Monaten sein. Der Ausgang des anstehenden Bundesliga-Topspiels wird also auch von der Tagesform und den vorhandenen Energiereserven abhängen. Da ist es sicherlich kein Nachteil für NINERS-Coach Pastore, dass er erst zum zweiten Mal in dieser Saison auf einen vollständigen Kader zurückgreifen und je nach taktischer Ausrichtung frei entscheiden kann, welche sechs ausländischen Akteure am Sonntag in der Mercedes-Benz Arena neben dem deutschen Stammtrio aus Jonas Richter, Kevin Yebo und Dominic Lockhart sowie den Youngstern um Brendan Gregori zum Einsatz kommen sollen.