Chemnitz zieht ins Europe-Cup-Viertelfinale ein
Overtime-Krimi
Sachsens beste Korbjäger haben einen weiteren geschichtsträchtigen Meilenstein in ihrer nunmehr 25-jährigen Vereinshistorie erreicht. In ihrem gerade erst zweiten Anlauf auf internationalem Parkett ziehen die NINERS Chemnitz zum ersten Mal ins Viertelfinale eines europäischen Wettbewerbs ein – und das schon zwei Spieltage vor Abschluss der Hauptrunde des FIBA Europe Cups. Für diesen großartigen Erfolg musste das Team um Cheftrainer Rodrigo Pastore und Kapitän Jonas Richter am Mittwoch allerdings hart kämpfen. Vor über 2.500 Zuschauern in der heimischen Messe Chemnitz ging es gegen den rumänischen Vizemeister CSM CSU Oradea sogar in die Verlängerung, bevor man mit einem hauchdünnen 101:98-Erfolg den Sprung ins FEC-Viertelfinale perfekt machte. Bester Spieler war der 34-jährige Routinier DeAndre Lansdowne mit 25 Punkten und zehn Assists, aber auch Wes Van Beck (19), Jeff Garrett (16), Aher Uguak (13) und Tylor Ongwae (10) scorten zweistellig. In ihren letzten beiden Hauptrundenpartien haben die NINERS nunmehr zwei Matchbälle, um sich auch noch den Sieg in Gruppe N zu sichern. Dafür würde nächsten Mittwoch in Varese schon eine Niederlage mit weniger als 24 Punkten oder aber Anfang Februar ein Sieg gegen Leiden reichen. Gelingt dies, hätte Chemnitz im wichtigen Viertelfinalrückspiel am 13. März das Heimrecht und damit einen kleinen Vorteil gegen die möglichen Gegner aus Saragossa, Dunkerque oder Nymburk.
Um sich jene hervorragende Ausgangslage zu verschaffen, musste am Mittwochabend gegen Oradea aber ein Heimsieg her und schon vor der Partie war zu erahnen, dass dies keine leichte Aufgabe werden würde. Zum einen kam das Chemnitzer Team gerade aus einer anspruchsvollen Auswärtsreise mit Gastspielen in Leiden und Bonn, woraus wenig Erholungs- oder gar Vorbereitungszeit resultierte. Zum anderen fehlte der erkältete Spielmacher Kaza Kajami-Keane und auch Brendan Bailey war nicht an Bord, da er eventuell für den Rest der Saison auf Leihbasis zu einem ausländischen Club wechselt. Obendrein konnte Oradea wieder seinen US-Pointguard Erick Neal aufbieten, der beim Chemnitzer Hinspielsieg noch verletzt fehlte, aber mit durchschnittlich 16 Punkten und acht Assists pro Partie zweifellos der Kopf des rumänischen Teams ist. So war es kaum verwunderlich, dass Oradea den NINERS von Beginn an die Stirn bot und Chemnitz zunächst nur mit einer knappen 23:18-Führung in die erste Viertelpause gehen konnte. Im zweiten Abschnitt blieben die Rumänen weiter dran und verkürzten durch einen Dreier ihres amerikanischen Europa-Veteranen Kris Richard auf 26:28. Allmählich jedoch schien sich die Klasse und das gute Teamplay der Chemnitzer an beiden Enden des Feldes durchzusetzen. Erst gelang Van Beck ein „And-One“ und dann jagten Lansdowne, Lockhart sowie erneut Van Beck drei Distanzwürfe durch den Ring, womit sich die „Orange Army“ bis zur Halbzeitpause dann schon erstmals in den zweistelligen Bereich absetzte (51:40).
Gehörte das dritte Viertel in den vergangenen Monaten oftmals den NINERS, so war es dieses Mal jedoch der Kontrahent, welcher besser aus der Kabine zurück aufs Feld kam. Insbesondere Nijal Pearson, der letzte Saison noch für Rostock in der Bundesliga glänzte, drehte ordentlich auf und brachte sein Team blitzschnell fast im Alleingang auf 48:54 heran. Schlüsselspieler Erick Neal legte zwei Dreier nach und servierte wenig später mustergültig für den litauischen Nationalspieler Donatas Tarolis, der per „Alley-Oop“ zum 58:58-Ausgleich traf. Spätestens jetzt war die Partie wieder völlig offen und das Momentum wanderte zusehends auf Seiten der Gäste. Lansdowne stoppte dann aber erst einmal per Dreier den Lauf der Rumänen und Aher Uguak stellte aus gleicher Distanz auf 68:60, ehe es beim Stand von 70:63 in den Schlussabschnitt ging. Dort schlug das Pendel aber erneut zugunsten Oradeas aus, das durch den nächsten Pearson-Dreier zum 70:70-Ausgleich kam und wenig später über Todd Gotcher die höchste Gästeführung erzielte (76:71). Spätestens als Kris Richard drei Minuten vor Schluss zwei Freiwürfe zum 84:79 für die Rumänen versenkte, lag eine fast schon ungewohnte Chemnitzer Niederlage in der Luft. Inzwischen hatte aber auch das Publikum die Zeichen der Zeit erkannt, die „Pflichtsieg-Stimmung“ abgelegt und versuchte nun dem NINERS-Team mit lautstarkem Support neue Energie einzuhauchen. Spürbar beflügelt trafen jetzt Lansdowne und Yebo wichtige Würfe, während unter anderem Jeff Garrett mit einem starken Block für entscheidende „Stops“ sorgte und weil Chemnitz auch den letzten Angriff Oradeas erfolgreich vereiteln konnte, ging es beim Stand von 89:89 in die Verlängerung. Dort riss zunächst Tylor Ongwae mit zwei Distanztreffern zum 96:92 das Ruder an sich, Uguak versenkte einen schweren Dreier zum 99:96, doch Erick Neal und Donatas Tarolis brachten die Gäste noch einmal auf 98:99 heran. Im letzten Chemnitzer Angriff des Abends behielt dann aber „Mister Cold as Ice“ Wes Van Beck erneut einen kühlen Kopf, ließ Gegenspieler Neal aussteigen und traf per „Buzzerbeater“ zum 101:98, was die NINERS schließlich mit überragender Teamdefensive ins Ziel brachten. Im zehnten Europe-Cup-Match der laufenden Saison durfte sich Chemnitz also über den zehnten Sieg freuen und kann voller Selbstvertrauen in das absolute Bundesligatopspiel am Sonntag gehen, bei dem man als Spitzenreiter um 17:00 Uhr den direkten Verfolger FC Bayern München in der restlos ausverkauften Messehalle empfängt.